Epochen

Migration kennzeichnet alle Epochen der menschlichen Geschichte.

Migration gehört seit Beginn zur menschlichen Geschichte. Sie war in verschiedenen Zeiten unterschiedlich stark ausgeprägt. Im Mittelalter, das in Europa überwiegend von bäuerlicher Sesshaftigkeit geprägt war, zogen schon Menschen in die Stadt. Ab dem 16. Jahrhundert und mit dem Beginn der Neuzeit nahmen Mobilität und Migration stark zu. In der Zeit der Industrialisierung und Urbanisierung ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde Auswanderung zu einem Massenphänomen. In der globalen und vernetzten Gegenwart mit ihren neuen und schnellen Formen von Transport und Kommunikation ist globale Migration von Menschen ein herausragendes Kennzeichen der Zeit.
In der Entwicklung der Städte spielte Migration eine besonders wichtige Rolle. Mit den Menschen, die vom Land in die Stadt zogen, wuchsen die Städte zur Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert und wurden im 20. Jahrhundert zunehmend vielfältiger. Jede Epoche erlebte charakteristische Migrationsbewegungen, die jeweils kurz skizziert werden.
Die Objekte der Sammlung, die im Mittelalter beginnt, sind in acht Epochen gegliedert: Mittelalter, frühe Neuzeit, das „lange 19. Jahrhundert“, Erster Weltkrieg, die Zwischenkriegszeit, Zweiter Weltkrieg, die Zeit zwischen 1945 bis 1989 und die jüngste Zeitgeschichte seit 1989/90.

Zeitgeschichte seit 1989/90 – Migration als globales Phänomen

Mit dem Ende des Kalten Krieges begann eine neue Ära der Migration.

Der Fall des „Eisernen Vorhangs“ zwischen der westlichen Welt und den sogenannten Ostblock-Staaten ließ eine Grenze verschwinden und eröffnete neue Formen der Mobilität. Die Entwicklung führte aber auch zu neuen politischen Möglichkeiten und Konflikten, die wiederum Migrationen auslösten. Arbeitsmigranten, Aussiedler und Asylbewerber aus Ost- und Ostmitteleuropa, Kriegsflüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und zunehmend Armuts- und Krisenflüchtlinge aus außereuropäischen Ländern kamen – nicht nur – in den deutschsprachigen Raum. Migration und ihre Geschichte sind im 21. Jahrhundert globale Phänomene. mehr

Zeitgeschichte seit 1945 – Vertreibung, Arbeit und Dekolonisierung als Migrationsmotive

Vier große Themen prägten die Migrationsgeschichte Europas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs

Zwangsmigration (Flucht, Vertreibung und Asyl), systematische Arbeitsmigration („Gastarbeit“) und die Nord-Süd-Migration, die sich mit der Unabhängigkeit ehemaliger Kolonien („Dekolonisierung“) entfaltete, kennzeichneten die Geschichte der Migrationen in der Epoche der Nachkriegszeit in Europa. Hinzu kam viertens die politisch motivierte Flucht aus dem kommunistischen Staaten Ostmittel- und Osteuropas in den Westen. Die Aufstände und Proteste gegen die sozialistischen Regime in der DDR 1953, in Ungarn 1956, in der Tschechoslowakei 1968 und in Polen in den 1980er Jahren führten immer auch zu Flucht und Exil. In Deutschland waren Flucht und Vertreibung Deutscher und deutscher Minderheiten als Folge des Krieges, die Ost-West-Migration innerhalb des Systemkonflikts („Kalter Krieg“) sowie „Gastarbeit“ die drei bestimmenden Migrationsbewegungen. mehr

Zweiter Weltkrieg 1939-1945 – Zeitalter von Flucht und Vertreibung

Der Zweite Weltkrieg war ein Auslöser massiver Migrationen.

Die Vertreibung, das Exil wie auch die Umsiedlung von Minderheiten, insbesondere der europäischen Juden, die Zwangsdeportation von Menschen aus von Deutschland besetzten Gebieten (Zwangsarbeiter), aber auch die kriegsbedingte Evakuierung von Zivilbevölkerungen sowie der Einsatz und die Gefangenschaft von Soldaten führten zu millionenfachen, sehr unterschiedlichen Migrationserfahrungen in Europa. Nazi-Deutschland und die von Deutschland besetzten Gebiete waren in Europa der zentrale Ausgangspunkt für diese Massenmigrationen. Krieg und Terror führten zu Zwangsmigrationen, die als Ziel die verschiedensten Länder weltweit hatten. Neben Großbritannien, den USA und Lateinamerika wurden auch Länder und Regionen wie Palästina, Südafrika oder Shanghai zu Zufluchtsorten von Exilanten und Flüchtlingen. Aber nicht nur die imperialen Ziele Deutschlands lösten neue und gewaltsame Formen von Migration aus. Auch Asien war davon betroffen. Der japanisch-chinesische Krieg sowie die verschärfte koloniale Ausbeutung Koreas durch Japan seit 1938 (Einsatz koreanischer Zwangsarbeiter in Japan) führten ebenfalls zu Zwangsmigrationen. Darüber hinaus führte der Zweite Weltkrieg für viele Untertanen des französischen und des britischen Kolonialreichs zu neuen Erfahrungen räumlicher Mobilität, nicht zuletzt weil ein Teil dieser Personen zum Militärdienst in den alliierten Truppen herangezogen wurde. Im von Deutschland besetzten Europa wie auch in der Sowjetunion gab es darüber hinaus eine Politik gegenüber ethnischen Minderheiten, die deren Umsiedlung zur Folge hatte. Dies geschah teils, um ethnisch gemischte Bevölkerungen zu vereinheitlichen, teils um Minderheiten zu zerstreuen oder zu vernichten. mehr

Zwischenkriegszeit 1919-1939 – Flucht und Exil verfolgter Minderheiten

In der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg führte die staatliche Neuordnung Europas mit der Gründung neuer Nationalstaaten zur Errichtung neuer Grenzen.

Der Zerfall bzw. die Verkleinerung multiethnischer Imperien (Donaumonarchie, Osmanisches Reich, Russisches Zarenreich, Deutsches Kaiserreich) und die daraus folgende staatliche Neuordnung Europas in den Jahren 1918/19 zog die nicht immer freiwillige Migration von Menschen über neue politisch-staatliche und ethnisch-kulturelle Grenzen nach sich. Ethnische Minderheiten, vor allem in Grenzregionen, mussten oft ihre angestammte Heimat verlassen, weil das politische und nationale Regime gewechselt hatte. Migrationen in das „Mutterland“ waren die Folge. In Deutschland betraf dies vor allem den Osten des Landes (Schlesien, Westpreußen) und den Westen (Elsass-Lothringen), in geringem Ausmaß auch den Norden (Nordschleswig). Länder wie Bulgarien, Griechenland, Polen, Rumänien, die Türkei oder Ungarn waren von ähnlichen Entwicklungen betroffen.
Die Wirtschaftskrise der frühen zwanziger Jahre – also das Krisenjahr 1923 – ließ in Europa im Allgemeinen und in Deutschland im Besonderen die Arbeitsmigration, vor allem die transatlantische Auswanderung ansteigen. Auch erhöhte die Weltwirtschaftskrise der späten 1920er und frühen 1930er Jahre („Schwarzer Freitag“ an den Börsen) den Auswanderungsdruck, Allerdings waren es in dieser Zeit nicht mehr die USA, die europäische Migranten aufnahmen. Das Land litt selbst unter der Weltwirtschaftskrise und hatte schon seit 1924 seine Grenzen für weitere Arbeitsmigranten geschlossen.
Die Errichtung von Diktaturen im Europa der Zwischenkriegszeit wurde zum Grund politisch motivierter Migration und führte zur Auswanderung, Vertreibung und zum Exil verfolgter Minderheiten, insbesondere der Juden. Vor allem der Aufstieg der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland nach 1933 führte zur Durchsetzung „völkischer“ und „rassischer“ Kategorien, mit denen Zwangsmigrationen, Umsiedlungen, Vertreibungen, Bevölkerungstransfers und die Vernichtung von Minderheiten politisch legitimiert wurden. mehr

Erster Weltkrieg 1914-1918 – Erzwungene Massenmigration durch Raumneuordnungen

Der Erste Weltkrieg war migrationhistorisch für Europa ein einschneidendes Erlebnis.

Der Erste Weltkrieg mobilisierte erstmals die Massen, und zwar sowohl politisch-ideologisch als auch räumlich: Der Krieg ging mit Deportationen und Umsiedlungen, vor allem im Osmanischen Reich (Armenier) und im Zarenreich (z.B. Russlanddeutsche), sowie der Mobilmachung und dem Kriegserlebnis von Soldaten im europäischen Ausland einher. Für viele Soldaten führte der Kriegseinsatz zum ersten, oft auch zum letzten Aufenthalt außerhalb des eigenen Landes. mehr

Das „lange“ 19. Jahrhundert – Zeitalter der Massenauswanderung nach Amerika

Das „lange“ 19. Jahrhundert, das von der Französischen Revolution 1789 bis zum Beginn des ersten Weltkrieges 1914 dauerte, wurde zur ersten Epoche von Massenmigrationen.

Die transatlantische Auswanderung und die Verstädterung prägten und veränderten Europa. Das knappe halbe Jahrhundert zwischen 1845 und 1890 waren im deutschsprachigen Raum die Hauptjahre der Auswanderung nach Übersee. In Gesamteuropa dauerte die Auswanderung nach Übersee bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts an. Sie verlagerte sich im 20. Jahrhundert allerdings zunehmend in den Osten und den Süden des Kontinents. Zeitgleich zur transatlantischen Auswanderung wuchsen mit der Industrialisierung die europäischen Städte, vor allem durch Binnenmigration. Das städtische Leben zog die Landbevölkerung an, die in der Landwirtschaft oft kein wirtschaftliches Auskommen mehr fand.
Mit dem neuerlichen Aufschwung des europäischen Kolonialismus im 19. Jahrhundert trafen sich die europäische und die außereuropäische Welt: Afrika gelangte Ende des 19. Jahrhunderts auf die mentale Landkarte Europas. Die Globalisierung wurde so zu einem bestimmenden Kennzeichen dieser Zeit.
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Frühe Neuzeit – Migration aus Glaubensgründen

Die Zeit zwischen dem Ende des Mittelalters und der Industrialisierung war migrationsgeschichtlich eine Übergangszeit.

„Moderne“ Formen von Massenmigrationen entstanden erstmals in der Frühen Neuzeit: sowohl Flucht aus religiösen und politischen Gründen (Religionskriege, Revolutionen) wie auch die transatlantische oder binneneuropäische Arbeits- und Siedlungsmigration nahmen hier ihren Anfang. Protestantische Glaubensflüchtlinge aus Böhmen, Österreich (Salzburger) und Frankreich (Hugenotten) gelangten z.B. in die protestantischen deutschsprachigen Staaten oder die Niederlande. Nach Russland und Ostmitteleuropa zogen deutschsprachige Bauern und Handwerker, z.B. die Donauschwaben und die Wolgadeutschen. mehr

Das Mittelalter – Städte als Anzugspunkte der unfreien Landbevölkerung

Das Mittelalter war kein statisches Zeitalter, auch wenn Freizügigkeit für die Mehrheit der bäuerlichen Bevölkerung fast nicht existierte.

Die mittelalterlichen Städte waren bereits Zentren von Migration. Mit dem Fernhandel entfalteten sich im deutschsprachigen Raum z.B. Augsburg und Nürnberg als solche Orte in Mitteleuropa. Gleiches galt für die oberitalienischen Städte, die zu Zentren des überregionalen Handels wurden. Auch Bildung führte zu Migrationsbewegungen. Im Spätmittelalter entstanden Universitäten z. B. in Bologna, Paris, Prag, Wien, Heidelberg, die zunehmend wandernde „Scholaren“ (Gelehrte) anzogen. Zum Beruf des Handwerkers gehörte seit dem Mittelalter die Wanderzeit als Geselle. Und die „freie Stadtluft“ wie auch die wirtschaftlichen Möglichkeiten des städtischen Lebens zogen die unfreie Landbevölkerung an.mehr

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